Dritter Abend der ZusammenReden-Integrationsgespräche in Amstetten zum Thema „Frauen, Kultur, Religion“
Rund 50 BesucherInnen fanden sich am 27. September 2013 im Schloss Ulmerfeld zum dritten Themenabend der Amstettner Integrationsgespräche, die von der Caritas Wien (Asyl & Integration NÖ) gemeinsam mit der Stadt Amstetten organsiert und von verschiedensten lokalen Vereinen unterstützt werden, ein. Auf dem Podium diskutierten Mona El Khalaf vom Forum Emanzipatorischer Islam, Dudu Kücükgöl (Muslimische Jugend Österreich) und Karin Bischof (Institut für Konfliktforschung, Uni Wien). Moderiert wurde der spannende Abend von Tülay Tuncel (Mingo Migrant Enterprises der Wirtschaftsagentur Wien).
Befinden sich Frauen in einem Spannungsverhältnis zwischen kulturellen oder religiösen Vorschriften und Selbstbestimmung? Mit dieser Frage eröffnete Tuncel die lebhafte Podiumsdiskussion. „Dieses Spannungsverhältnis existiert definitiv, denn viele konservative Religionsgemeinschaften wollen den Frauen genau vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Wenn die Wahlfreiheit nicht mehr existiert, wird es problematisch“, so El Khalaf. Kücükgöl kritisierte, dass es viele frauenfeindliche Traditionen gebe, die zwar religiös argumentiert würden, aber nicht in der Religion begründet lägen. „Gegen diese gilt es genauso anzukämpfen, wie gegen falsche Bilder im Kopf, wie zum Beispiel jenes der muslimischen Frau: Da gibt es einerseits die westlichen Haremsfantasien, andererseits das Bild der unterdrückten Frau. Beide entsprechen so nicht der Realität.“
Auch Bischof wendet sich gegen Verallgemeinerungen, denn es existieren keine großen homogenen Gruppen wie „die Musliminnen“, „die Österreicherinnen“ oder „die Feministinnen“, sondern sehr unterschiedliche individuelle Lebensentwürfe. „Wenn Religion oder „Kultur“ als unveränderbare Eigenschaften ganzer Gruppen dargestellt werden, dann kommt es unweigerlich auch zu falschen und vereinfachenden Zuschreibungen, wie z.B. jene, dass das Kopftuch gleichbedeutend mit Nichtintegration ist.“
Auf die Frage eines Besuchers, wie er mit dem Kopftuch im Alltag umgehen solle, meinte Kücükgöl: „Am liebsten wäre mir, Sie würden es nicht einmal wahrnehmen. Ich würde mir eine Gesellschaft wünschen, in der das Kopftuch kein Kriterium ist und Frauen weder dazu gezwungen werden eines zu tragen noch dazu keines zu tragen.“
Bei der angeregten Publikumsdiskussion wurden auch zahlreiche Probleme an Schulen angesprochen, wie z.B. der Umgang mit Familien, die ihre Töchter nicht am Schwimmunterricht teilnehmen lassen. „Wenn Mädchen in ihren Rechten beschnitten werden, handelt es sich eindeutig um falsch verstandene Toleranz. Es darf aber keinesfalls zur Beschneidung von bereits erkämpften Frauenrechten kommen. Das sehen auch viele muslimische Frauen so, die für einen emanzipatorischen Islam eintreten und diesen auch leben“, so El Khalaf.
Ein Besucher gab noch zu bedenken, dass das Christentum und der Islam in Wirklichkeit viel mehr Gemeinsamkeiten hätten, als in der öffentlichen Debatte Glauben gemacht wird, insbesondere was frauenfeindliche Traditionen betrifft. „Wenn es um Religion geht, müssen auch nichtreligiöse Menschen zu Wort kommen können“, warf ein anderer Besucher ein.
„Ist es nicht so, dass wir einfach zu wenig voneinander wissen? Hier müsste auf institutioneller Ebene auch mehr passieren“, schloss Tuncel die Diskussion mit einem Appell.
Neben der Podiumsdiskussion gab es zahlreiche weitere Programmpunkte: So motivierte der Waidhofner Künstler Solomon Okpurukhre das Publikum mit seinem Projekt „Offene Leinwand“ zur gemeinsamen Gestaltung dreier Bilder, Plamen und Magda Kanev begleiteten den Abend musikalisch und Margarete Zalud interviewte Elena Sigodnik über ihre Erfahrungen im Lernkurs „Integration durch Bildung“. „Genau solche Veranstaltungen, bei denen MigrantInnen mit ÖsterreicherInnen ins Gespräch kommen können, sind enorm wichtig“, so das Fazit Sigodniks.
Den Abschluss der „ZusammenReden“- Reihe bildet das Abschlussfest am 22. November 2013 um 18.00 Uhr im Rathaussaal, Rathausstraße 1 in Amstetten, das im Rahmen der Amstettner Kulturwochen unter dem Motto „Dialoge“ stattfindet.
„ZusammenReden“ wird vom Land Niederösterreich, dem Bundesministerium für Inneres, dem Europäischen Integrationsfonds, der Niederösterreichischen Dorf- und Stadterneuerung sowie den teilnehmenden Gemeinden gefördert.
Alle weiteren Termine der Amstettner Integrationsgespräche finden Sie unter: www.zusammenreden.net/amstetten