Landau zu Mindestsicherung: Soziales Netz muss engmaschiger werden

51.416 Mindestsicherungsbezieher in diesem Land sind Kinder: Caritasdirektor Michael Landau warnt Politik vor erneutem Wahlkampf auf dem Rücken der Schwächsten.

Rund 190.000 Menschen in diesem Land beziehen Mindestsicherung. Doch die Unterstützung durch den Staat würde weitaus mehr Menschen zustehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Berechnung der Armutskonferenz. „Die Einführung der Mindestsicherung vor drei Jahren war ein großer sozialer Fortschritt für dieses Land“, betont Michael Landau, Caritasdirektor der Erzdiözese Wien. „Man wird sich angesichts dieser Entwicklung jedoch genau ansehen müssen, ob nicht eine Evaluierung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung dringend notwendig wäre, damit jene, denen diese Unterstützung zusteht, diese auch tatsächlich erhalten. Immerhin geht es hier vor allem um AlleinerzieherInnen, um ältere und kranke Menschen, um Menschen, bei denen das Gehalt nicht mehr zum Leben reicht – und sehr oft auch um Kinder.“ Laut aktuellsten Zahlen für 2011 sind es in ganz Österreich 51.416 Kinder, die Mindestsicherung beziehen. „Wir können es uns nicht leisten, diese Menschen auf unserem gemeinsamen Weg zurückzulassen.“

Bereits der Sozialbericht 2010, der am Vorjahresende veröffentlicht wurde, ließ die Alarmglocken bei der Caritas schrillen. Immerhin ging aus eben diesem Bericht hervor, dass sich zwischen 2005 und 2010 die Zahl jener Menschen verdoppelt habe, die es auch über Jahre nicht aus der Armutszone schafften. „In Österreich sind rund eine Million Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Hier geht es um ganz konkrete Menschen und ganz konkrete Schicksale. Die nächste Bundesregierung wird alle Hebel in Bewegung setzen müssen, um ihr selbst gestecktes Ziel, wonach bis 2018 die Zahl der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdeten um 235.000 Menschen gesenkt werden soll, auch zu erreichen.“ Landau erinnert einmal mehr: „Nur die allerwenigsten MindestsicherungsbezieherInnen leben ausschließlich von der Mindestsicherung selbst. Viele Menschen verdienen zum Leben schlicht zu wenig. Hier muss die Politik handeln – etwa indem sie endlich jene Mietrechtsreform, die sie eigentlich für die Zeit vor der Wahl angekündigt hatte, auch tatsächlich umsetzt. Immerhin mussten laut Sozialministerium zuletzt 19 Prozent der Gesamtbevölkerung und zwei Drittel der Armutsgefährdeten mehr als ein Viertel ihres Haushaltseinkommens für Wohnen aufwenden, deutlich mehr als im Jahr 2008.“

Landau warnte einmal mehr davor, Menschen, die Mindestsicherung beziehen, zu stigmatisieren und für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen. „Wenn die Parteien Wahlkampf auf dem Rücken der Schwächsten machen – so wie zuletzt vor wenigen Wochen – ist das beschämend. Außerdem führt eine solche Polemik nur dazu, dass die nicht gerechtfertigte Scham dieser Menschen weiter zunimmt. Mit einer Neiddebatte kommen wir nicht weiter.“