Nachbarschaftskonflikte sind keine kulturellen Konflikte!

Spannungsgeladene Diskussion beim zweiten Themenabend von „ZusammenReden“ in Korneuburg

In Wohnanlagen und Nachbarschaften prallen oft ganz unterschiedliche Vorstellungen von Zusammenleben aufeinander. Gerade deshalb ist es im Bereich der Integration so wichtig, über Raumplanung und Wohnungspolitik zu diskutieren. Rund 40 BesucherInnen verfolgten am 20. Juni den zweiten von vier Themenabenden der Korneuburger Integrationsgespräche, die von der Caritas Wien (Asyl & Integration NÖ) gemeinsam mit der Gemeinde Korneuburg organisiert und vom Land NÖ, dem BM für Inneres und dem Europäischen Integrationsfonds gefördert werden. Im Sitzungssaal des Rathauses diskutierte Ursula Reeger vom Institut für Stadt- Regionalforschung gemeinsam mit Raimund Pehm vom Tiroler Institut für Menschenrechte und Entwicklungspolitik und Ingrid Neuhauser (Leitung NÖ Wohnassistenz). Moderiert wurde der interessante Abend von Sibel Akgün (Bundeskanzleramt, Frauenangelegenheiten und Gleichstellung).

Zu Beginn des Abends sprach Vizebürgermeisterin Helene Fuchs-Moser über die Wohnsituation in Korneuburg. „Menschen mit Migrationshintergrund leben in Korneuburg hauptsächlich im Gemeindewohnbereich.“ Hier gäbe es zum Teil beträchtliches Konfliktpotential. „Die meisten Probleme drehen sich um Lärmbelästigung und unterschiedliche Lebensrhythmen.“ „Hier von kulturellen oder ethnischen Konflikten zu sprechen, ist ein Fehler“, stellte Pehm fest. „In erster Linie handelt es sich bei Auseinandersetzungen wie diesen um simple Nachbarschaftskonflikte.“ „Das wichtigste ist auch hier die Kommunikation“, schloss sich Neuhauser an. „Es müssen Räume geschaffen werden, die diese Kommunikation ermöglichen.“ „Kontakte schaffen Sympathie“, ist sich auch Reeger sicher. „Obwohl Nachbarschaften in den letzten Jahren sicherlich an Bedeutung verloren haben.“ Ein realistisches Ziel wäre demnach ein entspanntes Nebeneinander.

„Es ist immer ein Problem, wenn Menschen konzentriert zusammenleben. Große Gruppen fallen auf, egal welche“, gab eine Besucherin zu bedenken. „Wenn Menschen konzentriert auf einem Fleck leben, ist dies zumeist die Folge einer verfehlten Wohnpolitik“, stellte Reeger klar. „Vielleicht wäre eine Quotenregelung in der Wohnungsvergabe eine gute Lösung“, meinte ein Teilnehmer. „Davon halte ich gar nichts“, zeigte sich Pehm überzeugt. „Quotenlösungen sind immer nur Scheinlösungen.“ „Das Problem sind die billigen Wohnräume“, brachte es Anette Schawerda von der Niederösterreichischen Landesakademie auf den Punkt. „Hellhörige Häuser schaffen Konflikte.“ Ihrer Meinung nach müsste mehr in schalldämmende Bauweisen investiert werden. „Gerade wenn es um den Neubau oder die Sanierung von Wohnhausanlagen geht.“ Ein weiteres Anliegen waren ihr die Kinder: „Kinder brauchen Platz zum Spielen. Ist dieser Platz nicht gegeben, lärmen sie in den Wohnungen und Innenhöfen.“ Vizebürgermeisterin Fuchs-Moser wünschte sich am Ende des Abends eine Anlaufstelle für Menschen in Wohnhausanlagen. „Eine Art Hausvertrauensperson wäre glaube ich eine gute Lösung, um zu einem friedlichen Miteinander beizutragen.“

Das nächste „ZusammenReden“ in Korneuburg findet am 26. September 2011 im Sitzungssaal des Rathauses (Hautplatz 39) statt. Der bosnisch-österreichische Politikwissenschaftler Vedran Džihić wird dann gemeinsam mit Stefanie Mayer (Institut für Höhere Studien, Wien) und Thomas Rammerstorfer von der Liga für emanzipatorische Entwicklungszusammenarbeit (LeEZA) zum Thema „Nation/Nationalismus und Integration“ debattieren. Moderiert wird der Abend von Thomas Schmidinger (Politikwissenschaftler, Universität Wien).

Alle weiteren Termine der Korneuburger Integrationsgespräche finden Sie unter: www.zusammenreden.net/korneuburg.