Armut und Wohnungslosigkeit keine Randthemen mehr

Aus Anlass des Caritas Aktionstages „unfrei_willig wohnungslos“ am 15. Oktober wiesen Caritasdirektor Dr. Michael Landau, die Armutsexpertin Mag.a Ursula Till-Tentschert und Dr. Heinz Schoibl, Obmann der "Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe“ bei einem Pressegespräch auf aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen in der Wohnungslosigkeit, u.a. durch die angekündigten Energiepreiserhöhungen und die Finanzkrise, hin.

Sozialtarif als Antwort auf Energiekostenerhöhung

Laut der österreichischen Armutsstatistik konnten es sich bereits im Jahr 2006 313.000 Personen in Österreich aus Kostengründen nicht leisten, ihre Wohnung angemessen zu heizen. Diese Dramatik wird sich in diesem Winter trotz erhöhter Heizkostenzuschüsse durch Ankündigung der Energiekonzerne, die Preise für Strom und Gas massiv zu erhöhen, weiter verschärfen! Caritasdirektor Michael Landau betont: „Gerade einkommensschwache Haushalte werden unter diesen neuerlichen Teuerungen massiv zu leiden haben. Deshalb gibt es aus unserer Sicht nur eine Möglichkeit aus dieser zusätzlichen Armutsfalle: Ein spezieller Sozialtarif der Energieanbieter für sozial schwache Menschen.“ Die EU-Kommission geht 2007 in einer Mitteilung einen Schritt weiter und fordert sogar, dass grundlegende Energiedienstleistungen für schutzbedürftige Verbraucher notfalls auch unentgeltlich bereitgestellt werden müssen.

Wohnungslosigkeit ist kein Randthema mehr

„Laut Statistik Austria sind rund eine Million Menschen in Österreich von Armut gefährdet. Dennoch ist die Datenlage äußerst dürftig, da Wohnungslose von der offiziellen Armutsberichterstattung ausgeschlossen sind“ so die Armutsexpertin Mag.a Ursula Till-Tentschert.

In den letzten Jahren hat sich viel getan und es gibt bereits ein großes Angebot an Notschlafstellen, an Tageszentren, an längerfristigen Wohnplätzen. Leider gibt es aber auch noch Lücken in quantitativer wie qualitativer Hinsicht. So steigt bereits seit einigen Jahren die Zahl der Anfragen von wohnungslosen Frauen mit Kindern dramatisch. Allein im Jahr 2007 konnten von den privaten Mutter-Kind-Häuser in Wien nur 50 von 417 anfragenden Müttern mit ihren Kindern aufgenommen werden. Hier fordert die Caritas einen weiteren Ausbau der Mütter-Kind-Häuser.

Erschreckend ist auch der hohe Anteil an jungen Menschen, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Bereits fast ein Drittel der KlientInnen der Erstanlaufstelle P7 – Wiener Service für Wohnungslose – ist heute unter 30 Jahre alt. Nichtsdestotrotz stellt das von der Caritas der Erzdiözese Wien betriebene JUCA zur Zeit die einzige spezialisierte Wohn-Einrichtung für diese Zielgruppe in Wien dar.

Psychische Erkrankungen spielen eine enorme Rolle bei der Entstehung von Wohnungslosigkeit. Gesundheit und Soziales müssen stärker zusammengedacht werden. Es braucht mehr geeignete Wohnformen außerhalb der stationären Psychiatrie und eine verbesserte Koordination und Zusammenarbeit zwischen stationärer und extramuraler psychiatrischer Betreuung.

Leistbaren Wohnraum in bedarfsdeckendem Ausmaß verfügbar machen!

„Das Um und Auf der weiteren Entwicklung der Wohnungslosenhilfe liegt – neben einer durchgängigen Verbesserung der Prävention – wohl darin, Zugänge in leistbaren Wohnraum und damit Ausgänge aus der Wohnungslosigkeit zu gewährleisten“, erklärt Dr. Heinz Schoibl.

Wohnungslosigkeit zu bekämpfen, heißt, soziale Not umfassend zu bekämpfen. Wir brauchen tatsächlich existenzsichernde Sozialleistungen. Neben dem Ausbau sozialer Dienstleistungen ist der flächendeckende Ausbau der Delogierungsprävention wichtig um Wohnungsverluste nachhaltig zu verhindern.

Mindestsicherung ist Gebot der Stunde

Landau zur Finanzkrise: „Wir begrüßen einerseits, dass bei der aktuellen Finanzkrise die Wirtschaft vom Staat im Sinne aller Unterstützung erhält – denn eine massive Wirtschaftskrise hätte für das ganze Land und seine Bevölkerung verheerende Folgen. Es wäre andererseits aber nicht nur notwendig, sondern auch fair, gleichzeitig die Armen in unserem Land nicht zu vergessen. Eine ausreichende Existenzsicherung ist ein Gebot der Stunde – sie macht unsere Land nachhaltig armutsfester und stützt auch die ärmsten KonsumentInnen, ist also auch unter dieser Hinsicht sinnvoll.“

„Angesichts der enormen Finanzvolumina ist diese bedarfsorientierte Existenzsicherung auch finanzierbar. Mit nur einem Prozent der jetzt für die Banken als Schutzschirm in Rede stehenden Summe von 100 Milliarden Euro könnte ungeheuer viel erreicht werden. Armutsvermeidung und Armutsbekämpfung sind möglich, wenn die Verantwortlichen im Bund, aber auch in den Ländern sie möglich machen wollen.“ so Landau abschließend.

Viele der Caritas Angebote wären ohne Unterstützung durch SpenderInnen nicht möglich. Spenden unter PSK 7.700.004, BLZ 60.000, Kennwort: Wohnungslosigkeit.