Trotz sinkender Arbeitslosigkeit gibt es keinen Grund zur Entwarnung: 26.726 langzeitbeschäftigungslose Menschen gab es im März 2008 allein in Wien, zeigt die Statistik des Arbeitsmarktservice (AMS). "Klar ist, engagierte Arbeitsmarktpolitik wird auch in Zeiten wirtschaftlicher Prosperität nicht obsolet", so Caritasdirektor Michael Landau. Sozialökonomische Projekte bieten langzeitbeschäftigungslosen Frauen und Männer die Chance, wieder am regulären Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
"Weil Menschlichkeit in Wien oberste Priorität hat, gehen bei uns Sozial- und Arbeitsmarktpolitik Hand in Hand“, sagt Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely. „Ziel der Wiener Sozialpolitik ist es, sozial schwachen WienerInnen möglichst rasch wieder eine Beschäftigung zu ermöglichen, von der sie auch leben können. Mit der Bedarfsorientierten Mindestsicherung wird es hier erstmals bundeseinheitliche Antworten geben. Sie hilft uns dabei, BezieherInnen wieder leichter zurück in einen Job zu führen."
Im Jahr 2007 betrugen die gesamten Ausgaben der Stadt Wien für Sozialhilfe rund 237 Millionen Euro. Zusätzlich wurden im vergangenen Jahr alleine in Maßnahmen der Arbeits- und Sozialintegration insgesamt 7,7 Millionen Euro investiert. Engste Abstimmung zwischen der Magistratsabteilung 40, dem AMS und dem waff (Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds) ist hier oberstes Gebot. Wien ist mit dem waff zudem das einzige Bundesland mit einer eigenen Einrichtung zur gezielten Förderung von ArbeitnehmerInnen. Für aktive Arbeitsmarktspolitik im Bereich des waff wurden 2007 rund 56 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Sieben Projekte der Caritas
Aktuell bietet die Caritas Wien in sieben Projekten für langzeiterwerbslose Frauen und Männer 265 Arbeitsplätze an. Die Bilanz kann sich sehen lassen: "Seit 1990 konnten wir 3.000 langzeiterwerbslosen Menschen ein Angebot in einem unserer Projekte stellen. Dieser Einsatz wird auch in Zukunft wichtig sein", betont Landau. "Ohne die gute Zusammenarbeit mit PartnerInnen und FördergeberInnen – AMS, Stadt Wien, waff, ESF, BMWA – wäre all das nicht möglich."
Neben der Schulung erhalten die TeilnehmerInnen auch sozialarbeiterische Betreuung, denn häufig gilt es auch eine Reihe von sozialen Problemen zu bearbeiten. So sind viele Langzeitarbeitslose verschuldet und/oder haben aufgrund der langen Dauer der Erwerbslosigkeit psychische Probleme. Dr. Inge Friehs, stellvertretende Landesgeschäftsführerin des AMS Wien: „Die Betreuung dauert rund zwölf Monate, denn um eine bestmögliche Betreuung der Betroffenen zu gewährleisten, hat das AMS den Maßnahmen einerseits eine zweimonatige Einstiegsphase vorgeschaltet, und danach gibt es eine mindestens dreimonatige Nachbetreuungsphase, wo entweder bei der Jobsuche oder im Idealfall beim Einleben in den neuen Job geholfen wird.“
15 Jahre Inigo
Eines der insgesamt sieben sozialökonomischen Projekte der Caritas der Erzdiözese Wien ist das Restaurant Inigo im 1. Bezirk. Seit 15 Jahren erhalten hier langzeitarbeitslose Menschen die Chance, sechs bis max. neun Monate lang nahe unter den Bedingungen des regulären Arbeitsmarktes Berufspraxis in der Gastronomie, in Küche und Service zu sammeln. Seit seinem Bestehen wurden im Inigo mehr als 700 langzeiterwerbslose Frauen und Männer fachlich qualifiziert, sozialarbeiterisch betreut und anschließend bei der Jobsuche intensiv unterstützt. Inge Friehs vom AMS Wien betont: „Das Inigo ist ein langjähriger Partner und eines der Wiener Projekte mit der höchsten Eigenerlösquote. Ich bin zuversichtlich, dass wir künftig gemeinsam auch weitere Erfolge in der Arbeitsmarktintegration von zuvor arbeitsmarktfernen Personen erzielen werden.“
Maßgeschneiderte Angebote notwendig
Qualitätsvolle Arbeitsintegrationsprojekte sind eine Chance - auf der individuellen Ebene für die TeilnehmerInnen in diesen Arbeitsprojekten, aber auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht, wenn es um die Frage geht, wie Langzeitarbeitslosigkeit nachhaltig reduziert werden kann. Das erfordert ein breites Spektrum an aufeinander abgestimmten und vernetzten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die sich an den Ressourcen der TeilnehmerInnen orientieren müssen. Respekt und Freiwilligkeit müssen dabei auch in Zukunft wesentliche Prinzipien sein.
Für Menschen mit Vermittlungshindernissen wird es zunehmend schwieriger, am regulären Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. "Was wir brauchen, ist ein erweiterter Arbeitsmarkt mit sinnstiftender, ressourcenorientierter, sozial anerkannter und angemessen entlohnter Beschäftigung auch für jene, die den Einstieg in den regulären Arbeitsmarkt langfristig oder vielleicht dauerhaft nicht schaffen können", stellt Landau klar.
Bedarfsorientierte Mindestsicherung
Was in Wien schon seit Jahrzehnten selbstverständlich war, wird mit der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in ganz Österreich gelten: "Es wird keinen Regress bei Betroffenen und Angehörigen geben", so Wehsely. "Auch bei der Krankenversicherung kommt es zu einem Durchbruch. Die Einbeziehung nicht krankenversicherter LeistungsbezieherInnen in die gesetzliche Krankenversicherung zu den gleichen Bedingungen wie AusgleichszulagenbezieherInnen schafft gleich berechtigten Zugang zu medizinischen Leistungen.
"Mit der Möglichkeit, dass arbeitsfähige Menschen die Bedarfsorientierte Mindestsicherung beim AMS beantragen können, wird der Zugang erheblich erleichtert", stellte Wehsely klar. Besonders wichtig ist für Wien auch folgender Punkt: Die vorliegende Einigung gewährleistet, dass der Bund in seiner Arbeitsmarktpolitik in den allgemeinen Zielvorgaben (§ 59 AMSG) einen besonderen Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Wiedereingliederung arbeitsfähiger BezieherInnen von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in das Erwerbsleben setzt.
Für die Caritas ist von zentraler Bedeutung, an welchen Begriff von "Erwerbsfähigkeit" die Bedarfsorientierte Mindestsicherung gekoppelt werde. "Hier haben wir Sorge, dass es zu einer zu simplen Unterscheidung in 'erwerbsfähig' und 'nicht erwerbsfähig' kommen könnte", sagt Landau. "Unsere Erfahrung zeigt uns, dass viele langzeiterwerbslose Menschen 'teilerwerbsfähig' sind, aber mit den hohen und steigenden Anforderungen am regulären Arbeitsmarkt nicht Schritt halten können."
Rückfragehinweis:
Mag.a Doris Becker,Pressesprecherin Caritas Erzdiözese Wien
Tel. 0664/848 26 18, E-Mail. dbecker(at)caritas-wien.at
Mag. Michael Eipeldauer, Mediensprecher StRin. Mag.a Sonja Wehsely
Tel. 0676/ 8118 69522, E-Mail: michael.eipeldauer(at)wien.gv.at