Aus Anlass des Weltalzheimertages am 21. September wiesen Caritas Wien, Alzheimer Verbände und der Demenz-Experte des AKH Wien, Dr. Johannes Wancata, heute bei einem Pressegespräch auf die großen Herausforderungen in der Pflege durch die Zunahme von Demenzerkrankungen hin. Dabei dürften auch die Angehörigen nicht vergessen werden, für die die Notwendigkeit von Anwesenheit und Betreuung rund um die Uhr eine enorme Belastung sei. Weitere Maßnahmen zur Lösung der Pflegemisere seien dringend notwendig.
Rund 387.000 Menschen in Österreich beziehen Pflegegeld. Fast 100.000 Menschen leiden an einer Demenzerkrankung, ihre Zahl wird laut Schätzungen bis 2050 auf 234.000 ansteigen. Die Alzheimer Krankheit stellt die häufigste Demenzform dar. "Die Betreuung von Demenzpatienten stellt für viele Angehörige eine enorme Belastung dar, die auch körperlich und seelisch krank machen kann, wobei vor allem psychische Erkrankungen wie Depressionen eine große Rolle spielen. Das ist durch zahlreiche internationale, aber auch nationale Studien belegt. Wenn wir vermeiden wollen, dass Demenzkranke vorzeitig ins Pflegeheim müssen, werden wir mehr Hilfe und Unterstützung für Angehörige benötigen", stellte Dr. Johannes Wancata, Demenz-Experte des AKH Wien, klar.
Angehörige sind der größte Pflegedienst – Danke!
„80 Prozent der hilfs- und pflegebedürftigen Menschen werden von ihren Angehörigen bzw. ihnen nahe stehenden Menschen betreut und gepflegt. Wiederum 80 Prozent der Pflegenden sind Frauen“, betonte Caritasdirektor DDr. Michael Landau und bedankte sich für deren aufopferungsvollen Einsatz, der auch volkswirtschaftlich nicht hoch genug geschätzt werden könne.
„Da in den meisten Fällen die Familienangehörigen selbst jahrelang pflegen und ausländische Kräfte gar nicht in Anspruch nehmen (können), ist es uns ein dringendes, schon lange gefordertes Anliegen, im Bereich der Demenzpflege diese familiären Ressourcen besonders zu unterstützen und zu fördern“, unterstrich Mag. Antonia Croy, Vorsitzende der Alzheimer Angehörigen Austria. „Pflegende Angehörige sind der größte und preiswerteste Pflegeanbieter im Lande. Diese Kraft will und muss man sich erhalten. Deshalb muss alles unternommen werden, um ihnen Last abzunehmen.“
Und Prof. Lotte Tobisch, Ehrenpräsidentin der Alzheimer Liga, ergänzte: „Alzheimer geht uns alle an. Dabei dürfen wir auch die Angehörigen nicht vergessen! Sie brauchen unsere Hilfe. Damit diese Hilfe auch in Anspruch genommen werden kann, müssen wir Öffentlichkeitsarbeit leisten, damit auch möglichst viele Menschen über das Angebot Bescheid wissen.“
Landau fordert Ende des Kompetenz-Wirrwarrs
„Wir brauchen klare Zuständigkeiten und ein Ende des Kompetenz-Wirrwarrs!“ betonte der Caritasdirektor und forderte ein zukunftsfähiges Gesamtkonzept, mit Österreich weit einheitlichen Qualitäts-, Versorgungs- und Finanzierungsstandards. In diesem Zusammenhang erinnerte er einmal mehr an die Caritas-Forderung nach einem Pflegelastenausgleichsfonds analog zum Familienlastenausgleichsfonds. Klar sei, dass schon allein aufgrund der demografischen Entwicklung mehr Geld nötig sein wird, hier müssen sich Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger an einen Tisch setzen und endlich Lösungen finden. „Das Thema Pflege ist zu wichtig, um es zum Spielball parteipolitischer Interessen zu machen. Pflege geht uns alle an!“ mahnte der Caritasdirektor.
Die derzeitige Regelung der 24-Stunden-Betreuung sei nur ein erster Schritt. Viele Betroffene und Angehörige seien jedoch verunsichert, wüssten nicht, wie sie sich jetzt verhalten sollen, wie es weitergehen wird. Die Caritas hat deshalb schon im Juli einen Verein gegründet – „Rundum Zuhause betreut“ – der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Betroffenen zu informieren und zu beraten und sie bei der Organisation einer legalen 24-Stunden-Betreuung zu unterstützen.
Thema Demenz endlich ernst nehmen
Pflegebedürftigkeit ist kein individuelles, sondern ein strukturelles Problem geworden. Da die meisten Menschen so lange wie möglich zuhause leben wollen, benötigen wir einen flächendeckenden und den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen und Angehörigen entsprechenden Ausbau mobiler Betreuungs- und Pflegeangebote, außerdem mehr und leistbare teilstationäre Angebote. „Dringend erforderlich ist eine Reform bei der Pflegegeldeinstufung für demenzkranke Menschen. Hier müssen den Ankündigungen des zuständigen Sozialministers endlich Taten folgen!“ mahnte Landau. Konkret sind Demenzkranke häufig in niedrigen Pflegestufen – 1 oder 2 – eingestuft und haben deshalb keinen Anspruch auf Förderung bei der 24-Stunden-Betreuung. „Das muss sich um der Betroffenen willen ändern! Und wir fordern in diesem Zusammenhang endlich die schon oft eingemahnte Informationskampagne zum Thema Demenz.“
Angebote der Caritas für Pflegebedürftige und Angehörige
Die Caritas ist eine der größten Anbieterinnen von Pflegediensten in Österreich: Die Caritas der ED Wien hat 12 Senioren- und Pflegehäuser mit etwa 1200 Plätzen in Wien und Niederösterreich, 2006 gab es über 940.400 Einsatzstunden im Bereich „Betreuen und Pflegen Zuhause“ mit dzt. 50 Sozialstationen in Wien und NÖ. Seit mehr als drei Jahren bietet die Caritas eine kostenlose psychosoziale Angehörigenberatung an. Dieses Angebot umfasst persönliche Beratungsgespräche sowie das so genannte „Angehörigentelefon“. Seit Oktober 2006 bietet die Caritas auch eine Gesprächsgruppe für Angehörige von Demenzkranken an.
Viele dieser Angebote wären ohne Unterstützung durch SpenderInnen nicht möglich. Spenden unter PSK 7.700.004, BLZ 60.000, Kennwort: Pflegende Angehörige.
Rückfragehinweis: Mag.a Doris Becker, Pressesprecherin der Caritas Erzdiözese Wien, Tel. 01/878 12-221