Caritas schließt sich den Forderungen von UNHCR nach einer neuen Asyl- und Flüchtlingspolitik in Österreich an. „In den Köpfen muss ein Umdenken stattfinden“, fordert Klaus Schwertner.
„In einem vereinten Europa grenzt Lampedusa auch an Österreich. Wenn in 25 Jahren 20.000 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken, geht uns das alle etwas an – auch die österreichische Bundesregierung“, sagt Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien. „Tragödien wie diese machen tief betroffen und sie machen überdeutlich, dass sich die Flüchtlingspolitik nicht nur in Brüssel, sondern auch in Wien, Berlin, in Rom oder aber auch in Athen dringend ändern muss.“
Konkret schließt sich Schwertner den Forderungen an, die heute auch von UNHCR Österreich vorgestellt wurden. „Wir haben in vielen Bereichen auch in Österreich nach wie vor dringenden Handlungsbedarf. Die Bundesregierung mag gebetsmühlenartig das Gegenteil behaupten, aber auch in Österreich ist AsylwerberInnen der Zugang zum Arbeitsmarkt noch immer faktisch versperrt. Auch in Österreich sind wir in vielen Bereichen noch weit von fairen und qualitätsvollen Asylverfahren entfernt. Noch immer müssen auch in Österreich Grundversorgungseinrichtungen geschlossen werden, weil sie jeder menschenwürdigen Beschreibung spotten. Und wenn Menschen jährlich zu hunderten ertrinken, weil sie in ihrer Verzweiflung die Festung Europa erreichen wollen, handelt es sich auch um ein Problem der österreichischen Bundesregierung. Ob es deren Mitgliedern gefällt oder nicht.“
Die Caritas fordert daher ein generelles Umdenken in der Flüchtlingspolitik. „Wir benötigen endlich einheitliche Standards in der Grundversorgung und AsylwerberInnen sollten nach sechs Monaten zum Arbeitsmarkt zugelassen werden. Die Verfahrensordnung im Asylbereich gehört darüber hinaus in zentralen Bereichen dringend reformiert. Noch immer ist der Anspruch auf Rechtsberatung für Flüchtlinge in Österreich lückenhaft. Das ist unerträglich. Wir fordern eine kontinuierliche, gut zugängliche, kostenlose und alle Bereiche abdeckende Rechtsberatung und Rechtsvertretung im Asylverfahren“, betont Schwertner. „Nur so können faire Verfahren gewährleistet werden.“ Die Caritas fordert auch ein Recht auf Bildung. „Bildung ist ein Menschenrecht und muss auch jungen Asylsuchenden bei ihrer Ankunft in Österreich uneingeschränkt zustehen.“ Und Schwertner weiter: „Es geht nicht darum, der Zuwanderung nach Österreich Tür und Tor zu öffnen. Worum es geht, ist, jenen Menschen Schutz zu gewähren, die diesen dringend benötigen.“
Abschließend hält Schwertner fest: „Das tragische Schiffsunglück vor Lampedusa, die syrischen Flüchtlinge, die zu hunderttausenden ihr Land verlassen müssen, aber auch die Flüchtlingsproteste wie jene in Wien oder Berlin und in einigen französischen Städten machen deutlich: Wir brauchen neben den Anstrengungen in den jeweiligen Mitgliedsstaaten vor allem auch eine europäische Lösung. Eine solche Lösung kann nicht darin bestehen, bereits existierende Grenzzäune noch weiter zu erhöhen.“
Für Flüchtlinge (auch aus Bürgerkriegsländern) müsse daher wieder die Möglichkeit geschaffen werden, die EU abseits von Schleppern und lebensgefährlichen Fluchtrouten zu erreichen. Asylanträge müssen bereits in den Herkunftsländern bzw. Erstzufluchtsländern unter rechtsstaatlichen Bedingungen bei Vertretungsbehörden gestellt werden können. „Außerdem darf es nicht sein, dass der Norden Europas den Süden mit dem Flüchtlingsproblem alleine lässt“, so Schwertner. „Die Grenzregionen der Union müssen verstärkt finanzielle Unterstützung für eine menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen erhalten. Vor allem für kleine und wirtschaftlich schwächere Länder muss über geänderte Verteilungsregelungen nachgedacht werden. Das Dublin-System, wie es heute gilt, ist gescheitert. Die nächste Bundesregierung hätte hier die Chance, sich als Vorreiter für ein menschenwürdiges EU-weites Asylsystem einzusetzen.“