Jugendliche im a_way

Caritas bittet um Hilfe für obdachlose Jugendliche

Wenn Leonie zu laut spielte, haben ihr die Eltern den Mund zugeklebt. Felix hat als Bub so viele Schläge auf den Kopf bekommen, dass er heute beeinträchtigt ist. Und Manuel wurde zum Schlafen in den Keller geschickt. Am Montag machte Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, auf diese und andere Schicksale aufmerksam. Im a_way, Wiens erster und bislang einziger Jugendnotschlafstelle, zog Schwertner ein Jahr nach Neueröffnung gemeinsam mit BewohnerInnen und der Leiterin des Bereichs Jugend und Familie, Claudia Amsz, Bilanz: „Es ist eines der großen Tabus unserer Zeit, aber doch Realität: Kinderarmut und Jugendliche, die ohne Dach über dem Kopf auf Österreichs Straßen leben. Die Jugendnotschlafstelle a_way ist der Haus gewordene Beweis, dass es diese Not auch hier bei uns in Österreich gibt. Und dieses Haus ist auch ein Appell an die Bundesregierung, bei der Mindestsicherung nicht zu kürzen und sich im Kampf gegen Kinderarmut stärker zu engagieren. Wer mit den Jugendlichen hier spricht, bekommt eine Vorstellung davon, wie schwer ein Rucksack sein kann, den man schon in frühen Jahren durchs Leben tragen muss. Beladen mit Gewalt- und Suchterfahrungen, mit Schuldgefühlen und der Sorge, allein da zu stehen. Dieses Notquartier erinnert daran, dass wir als Gesellschaft eine wichtige Verantwortung haben, Kinder und Jugendliche nicht allein zu lassen.“

 

Obdachlosigkeit wird jünger

Im ersten Jahr nach der Übersiedlung vom Westbahnhof in die Neumayrgasse in Wien-Ottakring zählte die Caritas 2.970 Nächtigungen in der Notschlafstelle. Amsz: „Mit dem Umzug konnten wir das Angebot im a_way endlich erweitern. Wir haben die Öffnungszeiten ausgeweitet und mehr Betten aufgestellt. Neben einer intensiveren Betreuung der Jugendlichen, können sich nun acht Jugendliche bis zu drei Monate hier stabilisieren.“ Schwertner ergänzend: „Dass der Bedarf größer ist als das Angebot, wussten wir schon lange. Im Jahr 2013 zählten wir noch 2.164 Nächtigungen im a_way. Im Vorjahr waren es bereits 2.970.“ Gründe für den Anstieg gibt es mehrere: Ein größeres Angebot zum einen, aber zum anderen auch akute Wohnungsnot, mehr Zuweisungen und wohl auch mehr junge Menschen, die auf der Straße stehen. „Das die Betroffenen in der Wohungslosenhilfe jünger geworden sind, sehen wir an mehreren Stellen in der Caritas“, so Schwertner. „Rund ein Drittel der Menschen, die sich mit drängenden Problemen rund um das Thema Wohnen an die Caritas wenden, ist jünger als 30 Jahre. Und im JUCA, unserem Wohnhaus für junge Erwachsene, ist das Durchschnittsalter in den vergangenen zehn Jahren dramatisch gesunken.“

 

Dringender Spendenbedarf

Schwertner und Amsz machten bei dem Termin auch auf den dringenden Spendenbedarf aufmerksam, den die Caritas im a_way und in drei nachgelagerten Projekten hat. Schwertner: „Die Fördergeber nehmen ihre Verantwortung zwar ernst, aber die Förderungen der öffentlichen Hand reichen bei weitem nicht aus – weder für den laufenden Betrieb, noch für die Möglichkeit, die Jugendlichen auch untertags hier sein zu lassen. Konkret geht es um Unterstützung, um den Jugendlichen ein Bett zu geben, um Essen auf den Tisch zu stellen, ihnen die Möglichkeit zu geben, zu duschen und um sie sozialarbeiterisch zu unterstützen. Es geht darum, den Jugendlichen wieder Chancen und Perspektiven zu geben.“ Amsz: „Es heißt so oft: Kinder und Jugendliche sind die Zukunft unserer Gesellschaft. Doch die Jugendlichen, die hierher kommen, hören dieses Versprechen sehr selten. Unser Appell richtet sich daher an alle Wienerinnen und Wiener: Spenden Sie eine hellere und freundlichere Zukunft für obdachlose Jugendliche!“

 
Prominente Unterstützer


Mit Schriftsteller und Kinder- und Jugendpsychiater Paulus Hochgatterer und Schriftsteller Daniel Glattauer sowie Schauspielerin Lili Epply hat das a_way bereits drei prominente UnterstützerInnen gewonnen. Hochgatterer: „Wir alle sprechen immer wieder groß von Werten und von Würde und neigen dazu, zu vergessen, dass es oft ganz einfache Dinge sind, die entscheiden, ob ein Mensch sich wertgeschätzt fühlt und noch so etwas wie Würde empfindet. Für Jugendliche gibt es kaum etwas Entwürdigenderes und kaum etwas, das ihnen ihr Gefühl des persönlichen Wertes mehr nimmt, als das Erleben, kein Dach mehr über dem Kopf zu haben. – Den Job oder den Schulplatz habe ich verloren, meine Familie will von mir nichts mehr wissen, die Freunde wenden sich ab von mir und jetzt habe ich auch kein Bett mehr, in dem ich schlafen, keinen Sessel, auf den ich mich setzen und keinen Schrank, in den ich meine Jacke hängen kann. – Das ist die Erfahrung, die junge Menschen, die plötzlich kein Obdach mehr haben, machen. Solchen Mädchen und Burschen rasch und unkompliziert zu helfen, indem man ihnen genau das gibt – ein Bett, einen Sessel, einen Schrank – muss Anliegen einer Gesellschaft sein, die insgesamt immer noch im Überfluss lebt. Wenn sie sich wieder ein wenig wertgeschätzt fühlen und eine Spur von persönlicher Würde empfinden, können diese Jugendlichen dann das tun, was wir alle auch möchten, dass sie tun: nachdenken, Beziehung aufnehmen, sich neu orientieren. Aus diesem Grund brauchen wir ganz, ganz dringend niederschwellige Einrichtungen wie das a_way.“ Daniel Glattauer: „Armut in einem der reichsten Länder der Welt? - Das sollte nicht möglich sein. Ist es aber.  Obdachlose Kinder in Österreich? - Das darf es nicht geben. Gibt es aber. Und es werden immer mehr. Die Caritas betreut eine Jugendnotschlafstelle und benötigt dringend unsere mentale und finanzielle Unterstützung. Ich bin dabei. Sie bitte auch!“

 

Über a_way


Seit 2005 bietet die Caritas Notschlafstelle einen Schutzraum für junge Menschen in prekären Wohnsituationen. Das a_way ist die einzige Notschlafstelle für Jugendliche in Wien und wird aus Fördermitteln des Fonds Soziales Wien, der Sucht- und Drogenkoordination Wien (SDW) und der Kinder- und Jugendhilfe (MAG ELF) betrieben. Die Notschlafstelle stellt eine Brücke dar, zwischen dem Leben auf der Straße und den Krisenzentren bzw. Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, zwischen Suchthilfe, Psychiatrie und stationärer Versorgung sowie zwischen Jugend- und Erwachsenenalter bei kritischen Entwicklungsphasen. Im a_way bietet die Caritas Jugendlichen nicht nur einen Platz zum Schlafen, sondern ein Team von SozialarbeiterInnen steht ihnen für Fragen zur Seite. So soll verhindert werden, dass die jungen Menschen in manifeste Wohnungslosigkeit und soziale Isolation abrutschen. 2017 haben 446 Jugendliche 2.970 mal im a_way übernachtet.

 

Spendenkonto
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Kennwort: a_way
www.caritas-wien.at/a-way/